Donnerstag, 10. Oktober 2019

Erleichterung

Eben kam ich nach Hause von einer meiner Erste-Veranstaltungen und habe nochmal in den Briefkasten geschaut - eigentlich dachte ich, dass die Post bei uns erst viel später vorbei schaut und eigentlich wollte ich nur schauen, ob mein bestelltest Backofenthermometer angekommen ist.

Doch dann war da dieser Brief - vom Studierendenwerk Thüringen.
Das bedeutet irgendwas im Zusammenhang mit BAföG.
Das bedeutet für mich eigentlich nichts Gutes, warum sollten sie mir so schnell antworten? Vermutlich fehlen irgendwelche Dokumente oder ein Formular ist falsch ausgefüllt.

Ich hab den Brief noch liegen lassen und meine Bauchschmerzen nahmen auf einmal zu. Also habe ich mich doch entschlossen der Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Aufmachen.
Und dann das! Ich bekomme tatsächlich Bafög und dies in einer Summe die für mich eine unglaubliche Absicherung und Entlastung ist.
Ich konnte es nicht glauben.

Sprachmemo in die Familiengruppe und auf einmal merke ich, wie mir die Tränen kommen. Ich kann nicht anders, auf einmal sitze ich auf meiner breiten Fensterbank und weine einfach nur. Es kommen immer mehr Tränen und ich lasse ihnen freien Lauf.
Es ist die Erleichterung von Monaten, nein gar Jahren.

Dieser Brief gibt mir Hoffnung, gibt mir Mut, dass es der richtige Weg ist, den ich gewählt habe.
Ich bin in meiner Familie die erste die ein Abitur abgelegt hat und mein Weg dahin war nicht geradlinig und lange nicht so voraussehbar.
Ich erinnere mich an das Gespräch im Kindergarten und wie es damals unsicher war, ob ich eine "normale" Grundschule besuchen kann oder doch lieber auf eine Förderschule gehen sollte. Deutsch fiel mir lange Zeit schwer und daher war mein anschließender Wechsel auf die Realschule auch nicht  überraschend.
Wenn ich auf meine Bilder von der feierlichen Zeugnisübergabe vom Abitur schaue, dann fühle ich tatsächlich so etwas wie Stolz. Ein Gefühl, welches mich sonst selten heimsucht.

Vielleicht kommt dazu, dass dieser BAföG Antrag nicht mein erster war und ich mit dem Wort viel negatives verbinde.

Im November 2017 habe ich Schüler-BAföG beantragt, da ich bereits früh bei meinen Eltern ausgezogen bin und dies eine Möglichkeit zur Finanzierung war. Doch unser Landratsamt sah die Sache anders und hängt sich seit fast zwei Jahren an einer Formulierung auf und will meine Seite und die herrschende Realität nicht anerkennen. Daher habe ich mehrfach Widerspruch und schlussendlich auch Klage eingereicht. Mittlerweile gibt es einen Termin für eine mündliche Gerichtsverhandlung. Doch in den letzten zwei Jahren ist die finanzielle Unsicherheit mein ständiger Begleiter, immer das hoffen an meiner Seite, immer die mentale Vorbereitung, dass es vielleicht doch nicht klappt. Abschalten, entspannen und einfach fallen lassen - dies sind Dinge die mir seitdem schwer fallen. Es ist immer in meinem Kopf. Immer.

Vermutlich war daher dieser Brief mit dem positiven Bescheid so emotional für mich, so unglaublich befreiend und absichernd. Die ganze Zeit balanciert man auf einem schmalen Grad über der Schlucht und auf einmal gibt es da eine Art doppelter Boden. Einfach so.
Und die Angst vom Fallen ist weg.

Eure Alexa

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